Europäischer Gerichtshof versetzt der Lebensmittelindustrie „Made in Italy“ einen Rückschlag

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Europäischer Gerichtshof versetzt der Lebensmittelindustrie „Made in Italy“ einen Rückschlag

Urteil untergräbt Schutz des Aceto Balsamico di Modena.

Modena, 04.12.2019. Der Gerichtshof der Europäischen Union veröffentlichte sein Urteil in Bezug auf die Verwendung der geschützten geografischen Angabe „Aceto Balsamico di Modena“. Darin wurde zum Ausdruck gebracht, dass sich der Schutz der Bezeichnung nicht auf die Verwendung der nicht geografischen Begriffe wie „aceto“ und „balsamico“ erstreckt.

Dazu teilt das Consorzio Tutela Aceto Balsamico di Modena in einer Stellungnahme folgendes mit.

In den letzten Jahren hat der Europäische Gerichtshof positiv geurteilt, wenn es um den Schutz von Lebensmitteln mit geografischer Angabe in einigen Mitgliedsländern ging. Dies weckte bei den italienischen Produzenten von Aceto Balsamico di Modena die Hoffnung, dies gelte auch für die Essig-Spezialität aus Modena, die Gegenstand vieler Plagiate in ganz Europa ist.

Zu unserer großen Enttäuschung hat sich der Europäische Gerichtshof in seiner heute veröffentlichten Entscheidung gegen den Schutz des berühmten Aceto Balsamico di Modena ausgesprochen und sich lediglich formal und sehr eingeschränkt mit den komplexen Fragestellungen des Schutzes von g.U. und g. g. A. befasst.

Dieser Enttäuschung verleiht die Präsidentin des Consorzio Tutela Aceto Balsamico di Modena, Mariangela Grosoli, mit folgenden Worten Ausdruck. “Diese Entscheidung ist völlig ungerecht. Sie geht von der falschen Annahme der Bedeutung des Wortes Balsamico aus. Wir alle in Italien und im Ausland wissen, dass “balsamische” Sirupe nicht süß-sauer sind und das Adjektiv “balsamico” dies nicht bedeutet, sondern dass es vielmehr an eine starke und mentholhaltige Noten erinnert, die unser Essig wirklich nicht besitzt.

In Wirklichkeit wollen viele europäische Länder von dem weltweiten Erfolg des Aceto Balsamico di Modena profitieren und bringen zahllose Imitate und Plagiate auf den Markt. Denn dies ist der einzige Essig, der süß-sauer ist. Das Wort „Balsamico“ wird in dem eingetragenen Namen „Aceto Balsamico di Modena“ nur deshalb verwendet, da vor vielen Jahrhunderten die Este-Herzöge ihm medizinische Wirkung zuschrieben.

Es steht zu vermuten, dass die politischen und kommerziellen Interessen der Länder, die sich gegen das Konsortium gestellt haben, für dieses Ergebnis verantwortlich sind. Ebenso wie das italienische System, das nicht darum kämpft, seine Forderungen auf Gemeinschaftsebene durchzusetzen. Dies finde ich, gelinde gesagt, enttäuschend.“

Das Konsortium zeigt sich nach sorgfältiger Analyse kämpferisch und verweist auf durchaus positive Ansätze, auf deren Basis nationale und europäische Gerichte weiter tätig werden können.

In diesem Zusammenhang wird auf einen wichtigen Aspekt verwiesen, der deutlich macht, dass das Urteil den Begriff „balsamico“ nicht als Gattungsbezeichnung im Sinne der Grundverordnung definiert, sondern als wortwörtliche Übersetzung eines Adjektivs zur Beschreibung einer Produkteigenschaft. Das Gericht schließt daher nicht aus, dass die Bezeichnung Aceto Balsamico di Modena vor Missbrauch geschützt werden kann, aufgrund der begrifflichen Ähnlichkeit.

Im Lichte dieses Urteils und unter Berücksichtigung der genannten Aspekte sowie der Tatsache, dass die die Merkmale des Produkts kennzeichnenden Adjektive, sowie die Verkehrsbezeichnungen derselben in der Sprache des Landes der Vermarktung verwendet werden müssen, ist das Ergebnis des Urteils unverständlich.

Die nationalen Gerichte müssen daher prüfen, ob die Verwendung des Begriffs “balsamico” in italienischer Sprache, als Handelsname und als Substantiv (und damit nicht als Adjektiv) für in Deutschland hergestellte und vermarktete Essigprodukte zulässig ist oder damit eine widerrechtliche Anspielung einhergeht. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in dem konkreten Fall wird erst in den kommenden Monaten fallen.

Wie aus diesen ersten Überlegungen hervorgeht, ist die Frage der Anspielung nicht abgeschlossen und wird den nationalen Gerichten von Fall zu Fall erneut vorgelegt.

“Es ist bedauerlich festzustellen“ – so der Direktor des Consorzio Federico Desimoni –„dass der Gerichtshof die Frage der widerrechtlichen Anspielung bewusst vermieden und sich in keiner Weise auf die jüngste Rechtsprechung zu Scotch Whiskey und Queso Manchego bezogen hat, in der der Begriff der widerrechtlichen Anspielung mit der Verwendung gemeinsamer Begriffe und Zeichen und dem Grundsatz der “konzeptionellen Ähnlichkeit” in Verbindung gebracht wurde.“ Desimoni weiter: “Es ist unerklärlich, warum sich der Gerichtshof darauf beschränkte, lediglich den Aspekt des Schutzes der einzelnen Teile eines Namens zu analysieren, ohne gleichzeitig an die Grundsätze zu erinnern, die den gleichen Namen vor widerrechtlicher Anspielung schützen, und ohne die vielen weiteren rechtlichen Aspekte zu untersuchen, die während des schriftlichen Verfahrens, der Anhörung und der Schlussfolgerungen des Generalanwalts angesprochen wurden. Dieses Urteil stellt eine Gefährdung für das gesamte System des Gemeinschaftsschutzes dar, zumal sie im Widerspruch zur aktuellen Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Schutz von g. U. und g. g. A. Erzeugnissen steht “.

Opfer dieser Entscheidung ist wieder einmal der europäische Verbraucher, angesichts mangelnder Transparenz und mangelnder Loyalität seitens des Handels und eines Verhaltens an der Grenze der Legalität.

Verbraucherumfragen des Konsortiums haben ergeben, dass die Bezeichnung Balsamico mit der Herkunft von Aceto Balsamico di Modena, nämlich Italien, und die fraglichen Produkte des Gegners mit dem Produkt Aceto Balsamico di Modena in Verbindung gebracht werden. Darüber hinaus haben umfangreiche Analysen ergeben, dass Balsamico gemeinhin als Abkürzung für Aceto Balsamico di Modena steht. Insofern ist die enge Verbindung zwischen „Balsamico“ und Aceto Balsamico di Modena nicht zu leugnen.

Die Aufgabe des Konsortiums wird zunehmend darin bestehen, den Verbraucher zu schützen und die Entwicklung eines ethischen und transparenten Marktes zu fördern. “Wir machen uns keine Sorgen um die kommerzielle Tätigkeit“ – sagt der Direktor des Konsortiums – „denn andere Märkte wie der amerikanische, in dem es seit Jahren eine substanzielle Deregulierung gibt, lehren uns, dass der Verbraucher am Ende zu authentischen Produkten greift, deren Wert er anerkennt. Was uns am meisten beunruhigt, ist die Verwirrung, die die Wettbewerber zu stiften versuchen, um den guten Glauben der Verbraucher auszunutzen.“